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Dienstag, 6. September 2016

#PlayingHistory - Spielerische Geschichte: Diskrepanzen

Spiele, die in erster Linie einem Unterhaltungsanspruch dienen wollen und marktwirtschaftlichen Überlegungen folgen müssen, um sich zu verkaufen, stellen keine wissenschaftlichen Ansprüche an die Geschichtsdarstellung.
„Computerspiele mit historischen Themen gehören nicht zur akademischen, sondern zur populären Historiographie.“1
Spiele liefern mögliche Geschichtsentwürfe, wie sie im Grunde auch von HistorikerInnen nur mit anderen Methoden entworfen werden.2
Daraus jedoch abzuleiten, dass es deshalb verfehlt ist, die Geschichtsdarstellung in Spielen überhaupt einer näheren Betrachtung zu unterziehen, scheint mir nicht gerechtfertigt.

Die Sinnhaftigkeit solcher Untersuchungen besteht zum einen darin abzuklären, welches Potential zur Wissensvermittlung überhaupt vorhanden ist und wie dieses sinnvoll genutzt werden kann, zum anderen macht es Sinn, sich anzusehen, wie verdreht geschichtliche Inhalte dargestellt werden und zwar nicht als simple Verurteilung des Spiels, sondern lediglich im Sinne einer einfachen Aufklärungsarbeit, die aufzeigt, was Wissen und was Fiktion ist.
Denn Spiele als Unterhaltungsmedium müssen sich für diese nie beabsichtigte Vermittlung ihrer Inhalte (unabhängig davon ob richtig oder falsch) nicht rechtfertigen. Aber als HistorikerIn besteht Interesse an einer Untersuchung der jeweiligen Geschichtsdarstellung, durchaus auch mit der Frage im Hintergrund, ob der Unterhaltungswert eines Spiels leiden würde, wäre man nicht von den bekannten Fakten abgewichen.

Dies zu untersuchen, wird insbesondere dann wichtig, wenn nicht geschichtliche Inhalte, sondern moralische Wertvorstellungen betroffen sind. Spiele die unterhalten und nicht belehren wollen, dürfen wissenschaftliche Inhalte zum Wohle der Handlung verdrehen und gänzlich unkritisch als Tatsachen hinstellen. Sobald jedoch moralische Werte betroffen sind, scheint die Begründung der Spiele als reines Unterhaltungsmedium nicht mehr zu greifen und eine gewisse Form der Entmündigung der SpielerInnen gerechtfertigt zu sein.

Als Beispiel sei das Spiel "Lucius"3 genannt, welches die SpielerInnen ein vom Teufel besessenes Kind steuern lässt, um diverse grausame Morde zu begehen und immerhin in Deutschland auf den Index gesetzt wurde. Man mag das Spiel aber durchaus auch als Experiment sehen können, um Selbstreflexion zu betreiben. Wie fühlt man sich als SpielerIn, wenn man Böses tun muss? etc. Das bewusste böse Handeln wurde hier immerhin durch den Kontext der Besessenheit entschärft, hat aber wohl nicht ausgereicht, um eine Indizierung abzuwenden.

Um zu Spielen mit historischem Hintergrund zurückzukehren, sei nun das Spiel "Nicholas Eymerich - Inquisitor"4 erwähnt.
Der Dominikaner und Generalinquisitor Nicolas Eymerich (Eymericus, gestorben 1399),5 verfasste mit seinem Directorium Inquisitorum erstmals ein systematisches Regelwerk für Inquisitoren.6
Durch sein strenges Vorgehen gegen Häretiker, für welches ihm auch Folter ein legitimes Mittel war, kann ihm keine positive Rolle in der Geschichte zugeschrieben werden. So wird er auch ihm Spiel entsprechend negativ und unsympathisch dargestellt, ist aber dennoch die zu steuernde Hauptfigur.

der charmante Inquisitor (Screenshot)
Er, der als Generalinquisitor im Namen Gottes bewusst grausame Morde begeht, ist interessanterweise kein Grund für eine Indizierung.

Auch das Spiel selbst macht Eymerich, wenn auch unsympathisch, zu einem rechtschaffen Handelnden, indem es die "Verbrechen" der Ketzerei und vermeintlich dämonischen Ursachen der Pest zur Realität erklärt.

Für unkritisch Spielende verschwimmen hier die Grenzen zwischen Gut und Böse, Richtig und Falsch im Grunde viel stärker, als es beispielsweise bei einem "Lucius" der Fall ist.

Schwierig ist dies vor allem, weil sich das Spiel eigentlich bemüht, viel historisches Wissen zu verarbeiten. Nicht ganz ohne Charme ist etwa auch die Möglichkeit, das Spiel mit lateinischen Untertiteln zu spielen.

Die Handlung selbst eine fiktive, ereignet sich im Jahr 1364. Eymerich wird nach Carcassonne geholt, um einem mysteriösen Verschwinden eines Ordensbruders in einer nahen Ortschaft namens Calcares auf den Grund zu gehen.
Im Gespräch mit Pater Vinet7 werden bereits einige historisch valide Punkte zu Eymerich erwähnt. Seine Herbeirufung aus Avignon stimmt mit dem Wissensstand überein, dass Eymerich um diese Zeit kein Generalinquisitor von Aragon mehr war und sich schon lange Zeit in Avignon aufhielt.
Papst Urban V. (1310-1370), der seit 1362 in Avignon residierte, wird als Empfehlung für Eymerich ins Spiel gebracht und habe Vinet bereits ein erstes Kapitel des Directorium Inquisitorium übermittelt, was zumindest der Chronologie entspricht, denn das Gesamtwerk dürfte frühestens 1376 erschienen sein.8
 
Optisch wurde zum einen die typische schwarz-weiße Ordenstracht der Dominikaner im Spiel umgesetzt. Im Hof sieht man im Hintergrund die bekannten Türme der noch erhaltenen Stadtmauer von Carcassonne angedeutet.

die Stadtmauer von Carcassonne im Hintergrund (Screenshot)
Das Spiel versucht auch einen kleinen Streifzug durch die Geschichte der Häresie zu liefern, indem etwa der Bibliothekar als Katharer entlarvt und der Wächter als Anhänger der Tempelritter (mittels eines Medaillons mit Abbild des berüchtigten Baphomet) überführt wird.
Wissenschaftlich betrachtet, wirkt das alles etwas schwer verdaulich, weil die "Ketzerei" Faktum ist und Eymerich entsprechend "Gerechtigkeit" walten lässt.

Um diese Linie beizubehalten wird als Erklärung für die Pest in Calcares auch eine übernatürliche Ursache gefunden - belegt in den Homerischen Hymnen9 - und zwar im zweiten Gedicht, welches von Demeter handelt.

Eymerichs schlaues Buch bringt ihn auf Demeter (Screenshot)
Andererseits mag man natürlich zugestehen, dass eben für Inquisitoren Ketzerei tatsächlich ein wahres Verbrechen dargestellt hat, und somit bestraft werden musste, um den "wahren Glauben" zu erhalten. Wobei das Spiel eigentlich keinen Zweifel daran lässt, dass Eymerich zwar überzeugt ist, richtig zu handeln, aber ein im Grunde böser (aus heutiger Sicht falsch) handelnder Charakter ist. Diesen überdeutlichen Fingerzeig müsste man, meines Erachtens, unterlassen, wenn man das Experiment, einen Inquisitor zu spielen, stringent durchziehen will.

Interessante Ansatzpunkte liefert das Spiel durchaus. Es mag grundsätzlich als Motivation dienen, sich eigenständig näher mit der Geschichte der Häresie zu befassen, Werke wie Directorium Inquisitorum, Picatrix oder die Homerischen Hymnen durchzustöbern.
Die Schwierigkeit, um wirklich eigenständig gerne und freiwillig tiefer in die Materie einzutauchen, besteht hier vor allem darin, dass das Spiel im Grunde bereits am Anspruch scheitert, unterhaltend zu sein, weil insbesondere technische Hakeleien die Steuerung und damit das spielerische Vergnügen stark in Mitleidenschaft ziehen.
Sich als SpielerIn mit einem Charakter wie Eymerich identifizieren zu müssen, ist ebenfalls eine wenig vergnügliche Erfahrung, mag aber im Sinne eines Experiments durchaus vertretbar sein.

Inhaltlich scheitert das Spiel an einer fehlenden klaren Linie, worauf es hinaus will. Es wirkt konfus, weshalb auch die historische Analyse schwierig wird. Da bereits der Spielspaß ausbleibt, wird somit auch die wissensvermittelnde Komponente leider vernachlässigbar.10


1 Carl Heinze, Mittelalter Computer Spiele. Zur Darstellung und Modellierung von Geschichte im populären Computerspiel (Bielefeld 2012) 16f. 
2 Heinze, S. 17 
3 https://de.wikipedia.org/wiki/Lucius_(Computerspiel)  
4 http://www.eymerich.it/ 
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die erste Episode „The Plague“.  
5 Gerd Schwerthoff, Die Inquisition. Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit (München 2004) 35. 
6 Schwerthoff, S. 49  
7 Ob hier die reale Person des Jean Vinet, Inquisitor von Carcassonne und Verfasser des Tractatus contra daemonum invocatores als Vorbild genommen wurde, ist zu vermuten, geht aber aus dem Spiel irgendwie nicht klar hervor.  
8 Brian P. Levack, Hexenjagd. Die Geschichte der Hexenverfolgungen in Europa (München2 1999) 211. 
9 Homerische Hymnen. Hg. v. Albert Gemoll (Leipzig 1886) https://archive.org/stream/diehomerischenhy00homeuoft#page/42/mode/2up (06.09.2016) 
10 Das Spiel basiert auf einer Romanreihe von Valerio Evangelisti. Ob diese durchdachter wirkt als das Spiel, muss ich unbeantwortet lassen.

Montag, 23. Mai 2016

#PlayingHistory - Locations

Hier klicken für die deutsche Version

At the end of the general introduction the question arose if the benefit justifies the effort of developing entertaining games with a subtle educational effect when there is a chance that people play the games just for fun without any motivation to recognise the information and facts given in the game or proceed on their own with some research about the game's topic.

In this regard, additionally to the aquisition of knowledge, it is possible to state a second purpose, which is the potential touristic aspect and benefit of games. So, even when not reaching the audience on the intended educational level the efforts of game development may still be justified for a region or cultural institution by attracting mere tourists and visitors.

Therefore this article deals with some thoughts on using true locations in games.

As one example that videogame tourism can be successful I would like to point to people who visited all real settings of the game "Gabriel Knight 2: The Beast Within."1

In this regard the "Hunt of zombies at castle Hohenwerfen" may also attract players of "Call of Duty: Black Ops III" as visitors.2

It is not really required to use a realistic or historic scenario for using real locations although this may lead to the touristic aspect as leading factor of the game and the imparting of knowledge fades into the background resp. becomes a side effect, when people are attracted to just visit a place they know from the game and subsequently learn about something completely different from the game's topic.

It is important that games mention the real locations they use and reconstruct, at least in the closing credits. Otherwise it is not possible to reach people who do not already know the used setting.

For example, the art museum of the fictional city Lost Heaven in the game "Mafia"3 bases on the art historical museum of Vienna (Kunsthistorisches Museum Wien).
(The pictures always show a game screenshot on the left and a photo of the real place on the right.)
 
Exterior view of the front
Art gallery
Gallery
As this is not mentioned in the game there is no potential touristic effect.

Ideally a game includes both the subtle educational and the touristic component. This means, the game uses real facts for its storytelling that can be checked and extended when visiting the true locations.

The before mentioned "Gabriel Knight 2" can be indicated as an ideal example for such games. The game deals with the history of the Bavarian king Ludwig II., it uses historical facts (e.g offers some information in form of a short guided tour at castle Neuschwanstein) and makes some fictional twists to create an interesting story.

Many real locations were used in the game which makes it to an excellent motivation and advertisment for holidays in Bavaria.

So you visit Munich in the game:

Town hall and statue of the Virgin Mary
Or Rothenburg ob der Tauber (which is named "Rittersberg" in the game):

Rothenburg o.d. Tauber
You see castle Rabenstein (which is called "Schloss Ritter" in the game):

Burg Rabenstein
You visit the Shrine of Our Lady of Altötting:

Altötting
And there are many more places to find in the game.

The given example distinctly shows that predominantly famous locations were used for the game (so the locations seem to be more an advertisment for the game than the game for the locations). However, in my opinion it seems quite possible to create such games also for less known regions, institutions etc. as a strategy for attracting visitors, ideally combined with including facts and information about the region/institution, of course.

Accepting the educational influence of computer games (without being an "educational game") when using true locations or correct historical facts (or the combination of both) leads to some questions about legitimacy of twisting facts for entertainment.
How great is the danger of creating and imparting wrong knowledge when the twists are too extensive? May it be necessary to rethink the strict legal laws of (not) using some symbols for computer games?
Does it make sense to think about a minimum request for authenticity?


2 Zombiejagd auf Burg Hohenwerfen mit „Call of Duty: Black Ops III“: http://www.burgerbe.de/2016/02/07/zombies-auf-burg-hohenwerfen-call-of-duty-black-ops-iii-eisendrache-32836/

Mittwoch, 18. Mai 2016

#PlayingHistory - Spielerische Geschichte: Orte

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Im Rahmen der allgemeinen Einleitung zum Thema trat die Frage auf, ob sich die spielerische Form als Wissensvermittlung für entsprechende Einrichtungen als rentabel erweist, da bei Spielen, wenn sie in erster Linie ein Unterhaltungsmedium sein sollen und wollen, stets die Möglichkeit besteht, dass das Potential der Wissensvermittlung ungenutzt bleibt, weil eben nicht alle Menschen durch das Spielen dazu motiviert werden, sich mit dem entsprechenden Thema in der Folge näher auseinanderzusetzen.

Ein Aspekt, der zusätzlich zur Wissensvermittlung als Nutzen in Frage kommen kann, ist der touristische, d.h. wenn Spiele vielleicht nicht den gewünschten Vermittlungserfolg in Sachen Wissen erzielen, dann können sie möglicherweise schlicht als Werbeträger für bestimmte Einrichtungen, Regionen etc. gesehen werden und somit anderweitig ihren Entwicklungsaufwand rechtfertigen.

Aus diesem Grund folgen nun ein paar Worte zu Verwendung von realen Orten in Spielen.

Dass Videospieltourismus durchaus funktionieren kann, zeigt sich beispielsweise an Personen, die alle realen Orte besucht haben, die im Spiel „Gabriel Knight 2: The Beast Within“ vorkommen.1

So mag also möglicherweise auch die "Zombiejagd auf Burg Hohenwerfen"2 künftig Call-of-Duty-Spieler zu einem Besuch der Burg Hohenwerfen inspirieren.

Ein realistisches bzw. historisches Szenario ist grundsätzlich keine Voraussetzung für die Verwendung realer Schauplätze, wobei dann aber vermutlich der touristische Aspekt zum ausschlaggebenden Faktor wird und die wissensvermittelnde Komponente bereits vorab nur eine eher geringe Rolle spielt (diesbezüglich ergibt sich der Wissenserwerb dann bestenfalls als Folgeeffekt, indem der reale Ort besucht und eigenständig Wissen, welches nicht bereits vorher im jeweiligen Spiel thematisiert wurde, erworben wird).

Wichtig ist auf alle Fälle, dass im Spiel, notfalls einfach nur im Abspann, auch darauf hingewiesen wird, dass reale Schauplätze rekonstruiert wurden, damit auch Personen erreicht werden, die besagten Ort nicht ohnehin schon vorher kannten.

Beispielsweise wurde im Spiel „Mafia“3 dem Kunstmuseum der fiktiven Stadt Lost Heaven das Aussehen des Kunsthistorischen Museums Wien verliehen (es ist jeweils ein Screenshot aus dem Spiel links einem echten Foto rechts gegenüber gestellt).
 
Außenansicht
Gemäldegalerie
Balkone
Diese Anleihe wird aber im Spiel nicht erwähnt, so dass ein möglicher touristischer Werbeeffekt ungenutzt bleibt.

Idealerweise fallen im Spiel die wissensvermittelnde und die touristische Komponente zusammen, d.h. es werden bereits im Spiel Fakten integriert, welche die Spieler beim Besuch der realen Orte überprüfen bzw. erweitern können.

Das schon erwähnte Spiel „Gabriel Knight 2“ scheint hierfür ein ideales Beispiel zu sein. Das Spiel beschäftigt sich mit der Geschichte des Bayernkönigs Ludwig II. und liefert im Spiel selbst bereits historisch korrekte Informationen (z.B. auch im Rahmen einer kleinen Führung durch Schloss Neuschwanstein), die dann fiktiv erweitert werden, um eine spannende Geschichte zu erzählen.

Die Verwendung vieler realer Schauplätze macht das Spiel im Grunde zu einer hervorragenden Werbung für einen Bayernurlaub.

So findet man sich im Spiel etwa in München wieder:

Münchner Rathaus mit Marienstatue
In Rothenburg ob der Tauber (welches im Spiel zu Rittersberg umbenannt wird):

Rothenburg o.d. Tauber
Auf der Burg Rabenstein (die im Spiel Schloss Ritter heißt):

Burg Rabenstein
Oder besucht die Gnadenkapelle in Altötting:

Altötting
Und damit seien nur einige reale Orte genannt, die im Spiel benutzt wurden.

Was sich am genannten Beispiel deutlich zeigt, ist die Konzentration auf bereits sehr bekannte Schauplätze, die touristisch meist ohnehin schon stark frequentiert sind (d.h. hier sind die Orte eher Werbung für das Spiel als das Spiel für die Schauplätze). Diesbezüglich scheint es mir jedoch durchaus möglich, auch für weniger bekannte Regionen oder Kulturstätten einen solchen touristischen Nutzen zu erzielen, idealerweise natürlich, wie schon erwähnt, gekoppelt an die gleichzeitige möglichst subtile Vermittlung von Wissen zu den entsprechenden Örtlichkeiten und deren Geschichte.

Akzeptiert man diesen lehrreichen Einfluss von Spielen (ohne das Etikett "Lernspiel"), die entweder reale Orte oder historische Ereignisse (oder beides zusammen) verwenden, ist, meines Erachtens, ebenso die Frage berechtigt, ob eine extreme Verfremdung in Spielen auch hinderlich sein kann. Wird also durch Verdrehung der Fakten/Realität für die Handlung möglicherweise falsches Wissen vermittelt? Wie gerechtfertigt ist aus dieser Sicht die im Computerspielebereich nach wie vor sehr strikt geregelte Verwendung bzw. das Verbot bestimmter Symbole?
Macht es Sinn, über ein Mindestmaß an Authentizität nachzudenken?


2 Zombiejagd auf Burg Hohenwerfen mit „Call of Duty: Black Ops III“: http://www.burgerbe.de/2016/02/07/zombies-auf-burg-hohenwerfen-call-of-duty-black-ops-iii-eisendrache-32836/



Mittwoch, 10. Februar 2016

#PlayingHistory - A general introduction

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The communication and imparting of knowledge and culture is continually challenged to find new ways and methods for being successful.
On the one hand this means dealing with new methods for the distribution of knowledge (e.g. every technology that can be summarised under "social media"), on the other hand the question about appropriate and interesting ways of editing, processing and displaying this knowledge is of certain importance.
The latter refers increasingly to ideas of so called gamification, i.e. the adoption of game mechanics for other aspects of life. It is the playful nature of humans that is aimed at with this strategy of reframing a possible learning process and learning success. For example this can be accomplished by increasing interactive content in museums or by an attempt to merge reality and virtuality for providing new experiences - "Ingress" can be named as one of these experiments.1

A further option is not only the adoption of some game mechanics but also the development of an entire game for imparting knowledge. An interesting example for this option is the App "Imagoras" - a result of a cooperation of the Städelmuseum and the game developers of Deck13.2 This App offers a playful access to some paintings of the Städelmuseum without being explicitly declared as an educational game. Although "Imagoras" aims at children as main audience, considerations about developing such games for adults are valid as well.

It is important to emphasise some points that have to be taken into consideration:
The declaration as educational game must not be obvious. A didactic pointing finger is the best way of putting people off who do not occupy with a game for learning, but just for entertainment. Therefore it is essential that a game is designed so that the intended learning success resp. the motiviation of learning more about the topic received in the game comes in a rather subtle way.
Furthermore it is generally important to be mindful of the appropriate amount of interactivity. It is vital to avoid the impression of being deprived from a part of the experience without using a smartphone, without an interest in playing/using any interactive device etc. for a museum visit, for example.

Referring to playing history now, the main focus stresses the possibitiy of computer games as a medium for displaying and conveying knowledge and creating a subtle learning experience.
The variety of implementations is considerable. To begin with one of the most obvious examples, stratetgy games deal with different historical contexts and offer the possibility to reenact important battles or even to create some alternative history. Especially the wars of the 20th century seem to be very inspiring for game development.3

Another option remains at the surface so to speak - it is the historical design of the game. The platformer "Apotheon"4 is an appropriate example to be mentioned here. The game is designed in an ancient Greek look and while its main purpose is to entertain the player it additionally offers insight in Greek mythology, which is done also by integrating text passages from Homer or Hesiod.

Next option is the implementation of a fictional story in a historical context. An example for such games is the adventure game "The Last Express"5 - the story takes place on the Orient Express during its last ride from Paris to Constantinople before the beginning of World War I. The fictional plot of the game is designed in a way that constantly conveys the tense situation of that time also by providing some historical facts that can be read about in newspapers on the train.

The most important option for playing history is definitely the implementation of historical facts for the story itself. Examples concentrate on the genre of adventure games, because the importance of the story is the significant element of these games.
For the introduction only two games as an arbitrary selection shall be mentioned: "Broken Sword 1"6 deals with the story of the Templars (before it became common to use the Templars for nearly all sorts of conspirations). "Gabriel Knight 2: The Beast Within"7 concentrates on the story of the Bavarian king Ludwig II.

These games share the adoption of historical topics and the twist of known facts (in a more or less extensive amount) to tell an intriguing story. From a scientific perspective the distortion of facts is definitely not a welcome approach. When documentaries on TV twist facts for a sensational plot this is usually to be strictly neglected. Regarding games there seem to be a difference. Why?
The answer lies in the game's priority of entertainment and not in providing information. Although the question, how far a corruption of facts can go, is a vital one. E.g. is it legit to play a "just" inquisitor who is burning "evil witches"?
If the argument is still valid that even in this case the game is a motivation for the player to do more research on the topic beyond the game and do some self-reflections concerning moral aspects, will be up to further reflections.

Regarding the balance of effort and benefit of games for the transfer and communication of knowledge a satisfying answer might be difficult to find. The main purpose of games is entertainment, thus the potential of being too subtle for having an educational effect is notable - there are always people who do not care about a historical outfit or a possible historical context of a game and have no motivation to do further research on the basis of a game's topic.

As a general introduction these thoughts show some first aspects and perspectives on playing history. Now more research has to be done.



1 Video - Session 3: http://histocamp.hypotheses.org/livestream; Protokoll: #erinnern – Gamification & multiperspektivische Darstellung http://bundesstadt.com/wp-content/uploads/2015/11/Histocamp_3-K1_erinnern.pdf

Donnerstag, 3. Dezember 2015

#PlayingHistory – Spielerische Geschichte: Einführung

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Wissens- und Kulturvermittlung sind Bereiche, die gerne neue Wege beschreiten bzw. das auch tun müssen, um weiterhin erfolgreich Vermittlungsarbeit leisten zu können.
Einerseits geht es hier um neue Möglichkeiten der Informationsverbreitung, wie dies insbesondere durch die Einbindung der modernen sozialen Medienvielfalt geboten wird, andererseits stellt sich aber auch die Frage nach der Art und Weise, wie man die zu vermittelnden Inhalte interessant und ansprechend aufbereiten, darstellen und weitergeben kann.
Für letzteres scheint immer häufiger vor allem der Bereich interessant, der mit Gamification zusammengefasst wird, womit sehr allgemein definiert, die Übernahme von Spielmechanismen in andere Lebensbereiche gemeint ist.
Es wird somit also auf die spielerische Natur des Menschen bei der Gestaltung des Lernprozesses abgezielt, sei es etwa in Form gesteigerter Interaktivität beispielsweise in Museen oder als Versuch, neue Erfahrungen mittels Verbindung von Realität und Virtualität zu ermöglichen – eine sehr interessante Diskussion hierzu wurde am Beispiel von „Ingress“ beim Histocamp am 28. November 2015 geführt.1

Eine weitere Variante ist nicht die bloße Übernahme spielmechanischer Praktiken in den Alltag, sondern die Benutzung des Spieles als solches zur Wissensvermittlung. Sehr interessantes Beispiel hierfür ist das Spiel „Imagoras“ - Ergebnis einer Kooperation des Städelmuseums mit den Spieleentwicklern von Deck13.2 Es erfolgt hier ein spielerischer Zugang zu Gemälden des Städelmuseums ohne ein aufdringlich aufgedrücktes Siegel „Lernspiel“.
„Imagoras“ zielt in erster Linie noch auf Kinder als Publikum ab, wobei Spiele dieser Art, meines Erachtens, durchaus auch für Erwachsene funktionieren können.

Wichtige Punkte, die es hierbei zu beachten gilt, sind zum einen die Vermeidung von ausdrücklichen Lernspielen. Ist der didaktische Zeigefinger bereits von Anfang an sichtbar, stellt sich bei all jenen, die eigentlich gar nicht so sehr etwas lernen wollen, sofort Verweigerung ein. Spiele sind in erster Linie eine unterhaltsame Beschäftigung und sollten somit die angestrebte Lernerfahrung eher subtil als eine Art Beiwerk mitgeben bzw. eine Motivation liefern, sich mit einem Thema in der Folge genauer zu beschäftigen. Zum anderen ist auch zu bedenken, dass die Interaktivität nicht in Zwang ausartet. Es gibt Menschen, die absolut nicht spielerisch veranlagt sind (und auch solche, die heute noch ohne Smartphone ein Museum besuchen), denen man durch die Bereitstellung solch interaktiver, spielerischer Optionen nicht den Eindruck vermitteln darf, ohne deren Nutzung etwas zu verpassen oder in ihrem Erleben beschnitten zu werden (möglicherweise eine Gratwanderung, die nicht immer einfach zu bewältigen ist).

Die spielerische Geschichte will nun ihren Blick vor allem auf diese Möglichkeit der Computerspiele als subtile Lernhelfer werfen.
Die Varianten der Umsetzung sind zahlreich. Zu den recht offensichtlichen Beispielen zählen Strategiespiele, in welchen historische Schlachten nachgespielt bzw. möglicherweise sogar alternative Geschichtsentwürfe erspielt werden können. Insbesondere die Kriege des 20. Jahrhunderts scheinen gerne „inspirierend“ auf die Spieleentwicklung zu wirken.3

Eine weitere Möglichkeit ist die bloße Gewandung des Spieles in ein historisches Outfit. Als Beispiel möchte ich hier auf den Platformer „Apotheon“4 verweisen, der gewissermaßen „klassisch griechisch“ designt ist und einen sehr stimmungsvollen Ausflug in die griechische Mythologie ermöglicht, was sich folglich sehr motivierend auf eine weitere diesbezügliche Beschäftigung auswirken kann.

Die Heranziehung eines historischen Kontextes, um darin eine rein fiktive Handlung einzubetten stellt eine weitere Option dar. Als besonders reizvolles Beispiel hierfür nenne ich „The Last Express“5, ein Adventurespiel, dessen fiktive Handlung sich im Orient-Express auf seiner letzten Fahrt von Paris nach Konstantinopel vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges ereignet. Die Inszenierung des Spiels vermittelt stets die sehr brisante Zeit, in der man sich befindet.

Die deutlichste Möglichkeit, spielerische Geschichte zu betreiben, ist natürlich die handlungstragende Verarbeitung historischer Fakten selbst. Als Beispiele können hier wieder (wohl nicht nur aufgrund persönlicher spielerischer Vorlieben) Spiele aus dem Adventure-Genre genannt werden, deren wesentliches Kennzeichen eben das Vorhandensein einer Handlung ist, die spielerisch erzählt wird. Als willkürliche Auswahl aus einer Reihe von entsprechenden Spielen, wäre etwa „Baphomets Fluch 1“6 zu nennen, welches die Geschichte der Tempelritter zum Thema macht (noch zu einer Zeit, bevor es üblich wurde, die Templer als Grundvoraussetzung für jede vermeintliche Weltverschwörung heranziehen zu müssen) oder „Gabriel Knight 2: The Beast Within“7, welches die Geschichte des bayerischen Königs Ludwig II. aufgreift.

Gemeinsam ist diesen Spielen in der Regel, dass sie historische Fakten aufgreifen, diese jedoch in unterschiedlichem Ausmaße adaptieren und umbauen, um einen für das Spiel beabsichtigten spannenden Handlungsbogen schaffen zu können.
Das ist wissenschaftlich betrachtet etwas, das man eigentlich nicht gerne sieht. Diverse TV-Dokumentationen, die den Anspruch der Information an die erste Stelle setzen, werden für reißerische Inszenierungen und eine dafür scheinbar notwendige Verstümmelung der Inhalte kritisiert, bei Spielen mag man es jedoch akzeptieren. Warum?
Bei Spielen steht die Unterhaltung im Vordergrund und nicht der tatsächliche Informationsgehalt. Somit dürfen sie verfremden, um zu unterhalten. Wobei natürlich auch hier zu fragen ist, wie weit die dichterischen Freiheiten wirklich gehen dürfen. Darf etwa die Spielfigur ein „rechtschaffener“ Inquisitor sein, der die „bösen“ Hexen zur Strecke bringt? Ob hier dennoch argumentiert werden kann, dass Spieler auch auf diese Weise motiviert werden, zu dem Thema eigenständig weiter zu recherchieren oder zur Selbstreflexion bewogen werden, wenn es um die moralische Bewertung geht, bedarf noch weiterer Überlegungen.

Inwiefern diese Entwicklung von Spielen zur Wissensvermittlung etwa für Kulturinstitutionen einen größeren Nutzen als Aufwand darstellt, ist wahrscheinlich schwer abzuschätzen. Denn da diese Spiele in erster Linie unterhalten statt belehren wollen, ist immer ein gewisses Potential vorhanden, dass die Subtilität der Vermittlung nicht zum gewünschten Erfolg führt – es wird immer Personen geben, die ein historisches Outfit oder entsprechenden Kontext zwar bestenfalls zur Kenntnis nehmen, aber nicht weiter hinterfragen und folglich auch nicht daraus und dadurch etwas lernen.

Dies sollen in aller Kürze erste allgemeine Gedanken zum Thema der spielerischen Geschichte sein. Zweifelsohne gibt es noch weitere Aspekte und Perspektiven, die dann vielleicht bzw. hoffentlich in der weiteren Aufarbeitung entsprechende Berücksichtigung finden werden.


1 Video der Session 3: http://histocamp.hypotheses.org/livestream; Protokoll: #erinnern – Gamification & multiperspektivische Darstellung http://bundesstadt.com/wp-content/uploads/2015/11/Histocamp_3-K1_erinnern.pdf

Dienstag, 10. Februar 2015

#PlayingHistory: Spielerische Mythologie - Apotheon

Computerspiele mit dem ausdrücklichen Ziel, Wissen zu vermitteln, kennt man - tituliert als "Lernspiele", bilden sie eine Kategorie für sich und sind überwiegend auf Kinder zugeschnitten.

Es gibt jedoch auch Spiele, die zwar mit Priorität auf den Unterhaltungswert entwickelt werden, aber dennoch lehrreich sind. Da mich gerade ein besonders stimmiges Exemplar dieser Sorte fasziniert, möchte ich ein paar Worte darüber verlieren.

Es handelt sich um das Spiel "Apotheon" - ein Jump'n Run bzw. Platformer, das einem spielerisch durchaus einiges abverlangt, aber einen fabelhaften Ausflug in die Welt der griechischen Mythologie bietet.

Optisch hat man etwa den Eindruck, über die bekannte François-Vase zu spazieren:

François-Vase. Foto: Wikipedia/Sailko/CC BY-SA 3.0
Apotheon-Screenshot
Inhaltlich war man ebenso bemüht, sich an den vorhandenen Quellen zu orientieren. So wurden als Informationen zu den jeweiligen Göttern im Spiel beispielsweise Auszüge aus Homer oder Hesiod integriert.

Apotheon-Screenshot
Spielerisch steuert man den Helden Nikandreos, der großteils metzelnd den Olymp erkundet, in den Hades hinabsteigt etc. um diverse Aufgaben zu bewältigen.

Apotheon-Screenshot
Insgesamt wird hier ein sehr authentisches und liebevoll gestaltetes Bild der griechischen Mythologie entworfen, welches sowohl unterhaltsam als auch sehr informativ und lehrreich ist.

Und warum berichtet man über so etwas in einem vorzugsweise eher wissenschaftlich ausgerichteten Blog?

Meines Erachtens, wird hier ein sehr gelungenes Beispiel aufgezeigt, wie die Verwendung neuer Technologien zur Wissensvermittlung im kulturellen Bereich verwendet werden kann, ohne gleich offiziell mit dem Stempel "Lernspiel" versehen zu werden. Es geht hier in erster Linie sicherlich um Unterhaltung, dennoch fällt dieser nicht der inhaltliche Gehalt zum Opfer.

So läge beispielsweise für Museen viel Potential darin, mögliche virtuelle Rundgänge durch ihr Haus oder auch die digitale Aufbereitung von spezifischen Ausstellungen spielerisch zu gestalten.
Auf diese Weise wäre zum einen die Kernkompetenz von Museen - die Wissensvermittlung - unterstützt bzw. würde bereits vor dem eigentlichen Besuch eine thematische Auseinandersetzung ermöglicht. Zum anderen darf auch die Werbewirkung auf den Menschen als "Homo ludens" nicht unterschätzt werden.
Ich denke, Museen müssen nicht fürchten, dass die Bereitstellung ihrer Inhalte im Netz den Museumsbesuch ersetzt, sondern dies dient viel eher als Anreiz, sich Gezeigtes und Gespieltes endlich auch einmal im Original anzusehen.

Persönlich finde ich solche spielerischen Applikationen im Vorfeld sogar reizvoller als interaktive Elemente vor Ort, welche bei großem Besucherandrang möglicherweise auch gar nicht immer zugänglich sind.
Wobei festzuhalten ist, dass diese und weitere Komponenten sich keineswegs gegenseitig ausschließen müssen. Letztlich entscheidend ist diesbezüglich wohl (leider) immer die Ressourcenfrage.

Nachtrag vom 11.02.2015:
Auch im Standard ist nun eine Rezension über das Spiel erschienen: HIER