Mittwoch, 18. Mai 2016

#PlayingHistory - Spielerische Geschichte: Orte

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Im Rahmen der allgemeinen Einleitung zum Thema trat die Frage auf, ob sich die spielerische Form als Wissensvermittlung für entsprechende Einrichtungen als rentabel erweist, da bei Spielen, wenn sie in erster Linie ein Unterhaltungsmedium sein sollen und wollen, stets die Möglichkeit besteht, dass das Potential der Wissensvermittlung ungenutzt bleibt, weil eben nicht alle Menschen durch das Spielen dazu motiviert werden, sich mit dem entsprechenden Thema in der Folge näher auseinanderzusetzen.

Ein Aspekt, der zusätzlich zur Wissensvermittlung als Nutzen in Frage kommen kann, ist der touristische, d.h. wenn Spiele vielleicht nicht den gewünschten Vermittlungserfolg in Sachen Wissen erzielen, dann können sie möglicherweise schlicht als Werbeträger für bestimmte Einrichtungen, Regionen etc. gesehen werden und somit anderweitig ihren Entwicklungsaufwand rechtfertigen.

Aus diesem Grund folgen nun ein paar Worte zu Verwendung von realen Orten in Spielen.

Dass Videospieltourismus durchaus funktionieren kann, zeigt sich beispielsweise an Personen, die alle realen Orte besucht haben, die im Spiel „Gabriel Knight 2: The Beast Within“ vorkommen.1

So mag also möglicherweise auch die "Zombiejagd auf Burg Hohenwerfen"2 künftig Call-of-Duty-Spieler zu einem Besuch der Burg Hohenwerfen inspirieren.

Ein realistisches bzw. historisches Szenario ist grundsätzlich keine Voraussetzung für die Verwendung realer Schauplätze, wobei dann aber vermutlich der touristische Aspekt zum ausschlaggebenden Faktor wird und die wissensvermittelnde Komponente bereits vorab nur eine eher geringe Rolle spielt (diesbezüglich ergibt sich der Wissenserwerb dann bestenfalls als Folgeeffekt, indem der reale Ort besucht und eigenständig Wissen, welches nicht bereits vorher im jeweiligen Spiel thematisiert wurde, erworben wird).

Wichtig ist auf alle Fälle, dass im Spiel, notfalls einfach nur im Abspann, auch darauf hingewiesen wird, dass reale Schauplätze rekonstruiert wurden, damit auch Personen erreicht werden, die besagten Ort nicht ohnehin schon vorher kannten.

Beispielsweise wurde im Spiel „Mafia“3 dem Kunstmuseum der fiktiven Stadt Lost Heaven das Aussehen des Kunsthistorischen Museums Wien verliehen (es ist jeweils ein Screenshot aus dem Spiel links einem echten Foto rechts gegenüber gestellt).
 
Außenansicht
Gemäldegalerie
Balkone
Diese Anleihe wird aber im Spiel nicht erwähnt, so dass ein möglicher touristischer Werbeeffekt ungenutzt bleibt.

Idealerweise fallen im Spiel die wissensvermittelnde und die touristische Komponente zusammen, d.h. es werden bereits im Spiel Fakten integriert, welche die Spieler beim Besuch der realen Orte überprüfen bzw. erweitern können.

Das schon erwähnte Spiel „Gabriel Knight 2“ scheint hierfür ein ideales Beispiel zu sein. Das Spiel beschäftigt sich mit der Geschichte des Bayernkönigs Ludwig II. und liefert im Spiel selbst bereits historisch korrekte Informationen (z.B. auch im Rahmen einer kleinen Führung durch Schloss Neuschwanstein), die dann fiktiv erweitert werden, um eine spannende Geschichte zu erzählen.

Die Verwendung vieler realer Schauplätze macht das Spiel im Grunde zu einer hervorragenden Werbung für einen Bayernurlaub.

So findet man sich im Spiel etwa in München wieder:

Münchner Rathaus mit Marienstatue
In Rothenburg ob der Tauber (welches im Spiel zu Rittersberg umbenannt wird):

Rothenburg o.d. Tauber
Auf der Burg Rabenstein (die im Spiel Schloss Ritter heißt):

Burg Rabenstein
Oder besucht die Gnadenkapelle in Altötting:

Altötting
Und damit seien nur einige reale Orte genannt, die im Spiel benutzt wurden.

Was sich am genannten Beispiel deutlich zeigt, ist die Konzentration auf bereits sehr bekannte Schauplätze, die touristisch meist ohnehin schon stark frequentiert sind (d.h. hier sind die Orte eher Werbung für das Spiel als das Spiel für die Schauplätze). Diesbezüglich scheint es mir jedoch durchaus möglich, auch für weniger bekannte Regionen oder Kulturstätten einen solchen touristischen Nutzen zu erzielen, idealerweise natürlich, wie schon erwähnt, gekoppelt an die gleichzeitige möglichst subtile Vermittlung von Wissen zu den entsprechenden Örtlichkeiten und deren Geschichte.

Akzeptiert man diesen lehrreichen Einfluss von Spielen (ohne das Etikett "Lernspiel"), die entweder reale Orte oder historische Ereignisse (oder beides zusammen) verwenden, ist, meines Erachtens, ebenso die Frage berechtigt, ob eine extreme Verfremdung in Spielen auch hinderlich sein kann. Wird also durch Verdrehung der Fakten/Realität für die Handlung möglicherweise falsches Wissen vermittelt? Wie gerechtfertigt ist aus dieser Sicht die im Computerspielebereich nach wie vor sehr strikt geregelte Verwendung bzw. das Verbot bestimmter Symbole?
Macht es Sinn, über ein Mindestmaß an Authentizität nachzudenken?


2 Zombiejagd auf Burg Hohenwerfen mit „Call of Duty: Black Ops III“: http://www.burgerbe.de/2016/02/07/zombies-auf-burg-hohenwerfen-call-of-duty-black-ops-iii-eisendrache-32836/



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