Sonntag, 23. November 2014

Schutz und Trutz im Landeszeughaus Graz

Mit ca. 32.000 Objekten ist das Landeszeughaus in Graz die weltweit größte noch erhaltene Sammlung von Waffen und Rüstungen.

Die Notwendigkeit des Baus ist zurückzuführen auf die zunehmende Türkenbedrohung im 16. Jh. Insbesondere da Erzherzog Karl von Innerösterreich auch zum Oberbefehlshaber über die Militärgrenze im Südosten (Kroatien, Slawonien) ernannt wurde, war es nötig den Waffennachschub zu sichern.
Mit den finanziellen Mitteln der Landstände wurden Waffen angeschafft, für welche zunehmend der Lagerplatz fehlte. Als Folge wurde in den Jahren 1642 bis 1644 das Landeszeughaus erbaut und sollte fortan auf vier Etagen genügend Platz zur Einlagerung der Waffen und Rüstungen bieten.

Eingang in das Landeszeughaus
Der Eingang wird von den zwei „waffenaffinen“ Göttern – Mars und Minerva – geschmückt.
Früher wurden im Erdgeschoss die Kanonen gelagert, welche jedoch aus Furcht vor einer Übernahme durch die napoleonischen Truppen 1797 nach Novisad gebracht und danach, weil ohnehin bereits veraltet, verkauft wurden. Die verbliebenen Kanonen können heute im ersten Stockwerk besichtigt werden.

metallene Heerschar
Die Unmenge an Rüstungen und Schusswaffen, die man im zweiten und dritten Stock zu sehen bekommt, ist absolut einmalig und atemberaubend. In allen Variationen sind die Objekte vertreten – von den schlichten Rüstungen der Landsknechte bis zu aufwendigen teils mittels Verätzungen verzierten Rüstungen, von einfachen Luntengewehren bis zu kostbar verzierten Pistolen ist alles zu finden.

Rüstungen und Hellebarden
Abgerundet wird die Sammlung im vierten Stock durch eine Ansammlung von unterschiedlichen Stichwaffen. Hellebarden, Piken, Morgensterne, Schwerter, Säbel, unhandliche Zweihänder sind hier ebenfalls wieder in beeindruckender Vielzahl und unterschiedlich aufwendig gestaltet erhalten.

Zweihänder zur Zierde
Das Historikerherz is heute sehr dankbar, dass erste Bestrebungen seitens Maria Theresia, die Sammlung 1749 im Zuge der Heeresreform aufzulösen und auch in den späteren Jahren geplante Verkäufe des Bestandes abgewendet bzw. abgemildert werden konnten. Bei ausgeprägtem Interesse an Militärgeschichte ist ein Besuch im Landeszeughaus eigentlich Pflicht.

Wir waren zunächst überrascht, dass in den Monaten November bis März der Besuch des Zeughauses „nur“ mit Führung möglich ist. Hinterher hatte sich das aber als absoluter Glücksfall herausgestellt, weil wir so sehr kompetent und sachlich durch das Haus geleitet wurden.
Die Konzentration auf die technischen Aspekte der Waffen (beispielsweise die Erklärung des Luntengewehres) und den Verzicht auf eine Betonung der damit anzurichtenden Grausamkeiten, fand ich ebenfalls sehr schätzenswert. Dass Waffen und Rüstungen produziert werden, um zu kämpfen und Menschen zu töten, weiß man. Eine diesbezügliche kritische Reflexion muss ohnehin jeder für sich selbst betreiben.

Link:
Universalmuseum Joanneum - Landeszeughaus

Dienstag, 2. September 2014

Jubel und Elend auf der Schallaburg

Die in Niederösterreich, südlich von Melk gelegene Schallaburg, deren Baugeschichte bis ins 11. Jh. zurückrreicht, ist mittlerweile bekannt für ihre Ausstellungen.
Blick auf die Burg vom Garten aus
Dieses Jahr gibt es anlässlich des Gedenkjahres zum Ersten Weltkrieg die Ausstellung "Jubel und Elend. Leben mit dem großen Krieg 1914-1918" noch bis 9. November 2014 zu sehen.
Ausstellungsplakat
Der Eintrittspreis von 10 € ist absolut gerechtfertigt. Die Ausstellung ist sehr umfangreich gestaltet. Man geht durch insgesamt 25 Räumlichkeiten, die thematisch sehr gut strukturiert sind.

Zu Beginn wird man mit den wichtigen Fakten des politischen Geschehens konfrontiert. Nach dem Attentat von Sarajevo wird auf den Kriegsalltag näher eingegangen - von den Waffengattungen, über die Grausamkeiten der Verwundungen bis hin zu Kartenspielen, Skizzenbüchern und sonstigen Möglichkeiten, sich an der Front die Zeit zu vertreiben, werden viele unterschiedliche Exponate und Informationen dargeboten.

In weiterer Folge werden die internationalen Konflikte näher beleuchtet, so wie der mit der Länge des Krieges zunehmende Widerstand im eigenen Land. Unterschiedliche Blickwinkel wie jene der Flieger oder der Soldaten, die sich durch die felsige und eisige Bergwelt kämpfen, tragen ebenfalls zu einer Vervollständigung des Kriegsbildes bei.

Der rote Faden durch die wirklich sehr gut aufbereitete Ausstellung ist die immer wieder eingebundene Darstellung der ausgewählten Einzelschicksale. Es wird hier somit keine bloße Aufzählung und distanzierte Veranschaulichung von Fakten betrieben, sondern immer auch die Nähe zum Menschen beibehalten, weshalb die Ausstellung auf den Besucher auch emotional sehr stark wirkt.

In ihrer Fülle an Informationen scheint die Ausstellung keine der Facetten des Krieges unberücksichtigt zu lassen. Alle Themen aufzuzählen würde die beabsichtigte Länge bzw. Kürze dieses Blogpostes sprengen.

Für die Gestaltung der Ausstellung sind sicherlich auch die Räumlichkeiten der Burg sehr förderlich, wenn es darum geht, eine atmosphärisch stimmige Inszenierung zu erreichen.

Aufgrund der teils eher dunkel gehaltenen Beleuchtungseinstellungen sind manche Beschriftungen schwer lesbar (ein wirklich beliebtes Problem vieler Museen) - in Relation zur Größe der Ausstellung, kommt dies jedoch nur vereinzelt vor.

In der Ausstellung selbst herrscht Fotografierverbot (nicht, dass das alle interessieren würde). Das mutet heutzutage schon fast etwas ungewohnt an.

Sehr gut wird auch der Sammeltrieb des Menschen eingebunden. Denn in jedem Raum, gibt es die Möglichkeit, diverse Informationszettel abzureißen, die man am Ende zu einem kleinen Büchlein zusammenbinden und so die wichtigsten Informationen zum Nachlesen mitnehmen kann.

Will man die Schwere, welche die Ausstellung hinerlässt, wieder etwas abschütteln, empfiehlt sich danach noch ein Rundgang durch die Räumlichkeiten der Burg selbst. Man kann einen Blick auf die archäologische Grabung im Untergrund werfen, die Krypta betrachten oder nach oben gehen und von dort die Aussicht über den Garten genießen.
Krypta
Bei schönem Wetter stehen auch noch diverse Rundwege um die Burg zum Erwandern zur Verfügung.

Link:
http://www.schallaburg.at

Donnerstag, 21. August 2014

Ausflug: Die Höhle als Burg

Der Vorteil, eine Höhle zu beziehen ist offensichtlich. Er liegt im Schutz, sowohl vor schlechten Wetterverhältnissen als auch vor Angreifern, welchen nur eine Seite für ihren Angriff zur Verfügung stand.
Somit ist es nicht verwunderlich, dass erste Höhlenburgen schon früh entstanden sind. Bereits im 12. Jh. dürfte das sogenannte Puxerloch (Puxer Luegg) in der Steiermark befestigt worden sein.
historische Ansicht (aus: Die Gartenlaube Nr. 12 (1877) 201. (Wikimedia Commons))



Diese Höhlenburg kann mit ihren Überresten noch heute besichtigt werden, auch wenn der Weg hinauf teilweise etwas unwirtlich ist. Die kleinere Höhle daneben - Schallaun - ist nicht mehr zugänglich.
Zugang zur Höhle
Aufgrund der Bauweise des Mauerwerks wird das 12. Jh. als Zeitpunkt für die Erbauung vermutet.
Einblicke in die Bautechnik
Die Besitzverhältnisse der Höhlenburg änderten sich mehrfach (heutiger Besitzer ist die Familie Pranckh).
Innenraum der Höhle
Die Burg war bis ins 19. Jh. bewohnt. Erst als sich Anfang des 19. Jhs. Räuberbanden dort niedergelassen hatten, war der endgültige Verfall nicht mehr aufzuhalten.
Ruinenreste

Links:

Sonntag, 27. Juli 2014

Ausflug: Klosterneuburg

Klosterneuburg nördlich von Wien gelegen, ist sowohl als Ausgangspunkt für eine Wanderung (wie in meinem Fall) als auch als Selbstzweck einen Besuch wert.

Blick auf Klosterneuburg vom Leopoldsberg aus
Wer mag, kann einem historischen Lehrpfad durch die Stadt folgen, welcher auf dem Weg zum Stift unter anderem beim Häuserl am Fleck vorbeiführt. Die nebenstehende Tafel informiert, dass mit „Fleck“ früher auch eine Brandstätte gemeint war und obwohl 1550 erstmals im Grundbuch erwähnt, wohl schon vorher an dieser Stelle ein Haus gestanden hatte, welches im Zuge der ersten Türkenbelagerung Wiens 1529 vernichtet worden war.

Häuserl am Fleck
Klosterneuburg ist in erster Linie aber zweifelsohne wegen seines Stiftes bekannt, welches mit der Grundsteinlegung im Jahr 1114 durch Leopold III., Markgraf v. Österreich in diesem Jahr sein 900jähriges Jubliäum feiert.

neue Plakette
Diesbezüglich ist interessant, dass vom 4. bis 8. Juni 1914 auch das 800jährige Bestehen des Stiftes gefeiert wurde, was aus rückblickender Sicht beinahe etwas befremdlich wirken mag, weil man doch mit dem Jahr 1914 heutzutage fast ausschließlich den Ausbruch des Ersten Weltkrieges in Verbindung bringt. Welche Gespräche während dieser Feierlichkeiten wohl stattgefunden haben mögen?

Stiftskirche von innen und außen (restauriert im 19. Jh.)
Für mich ein schönes Beispiel dafür, dass die schlaglichtartigte Chronologie wie sie insbesondere durch die vormals vorherrschende politische Geschichtsschreibung betrieben wurde, alleine nie ausreichend ist, um alles Geschehen angemessen zu erfassen, sondern viele Perspektiven (aus Sozial-, Wirtschaftsgeschichte u.v.m.) notwendig sind, um ein möglichst vollständig Ganzes zu ergeben.

Links:
Jubiläum in Klosterneuburg
Tassilo Dominic Lorenz, Die Achthundert-Jahrfeier des Stiftes Klosterneuburg (pdf)

Literatur:
Berthold Černik, Das Augustiner-Chorherrenstift Klosterneuburg. Geschichtliche Daten (Wien 1958)
Maximilian Fischer, Merkwürdigere Schicksale des Stiftes und der Stadt Klosterneuburg aus Urkunden gezogen (Wien 1815)

Donnerstag, 26. Juni 2014

Randnotiz: Jubiläumsangelegenheiten

100 Jahre Erster Weltkrieg - ein Blick in diverse Bücherregale spricht diesbezüglich momentan buchstäblich Bände.

Jubiläen sind grundsätzlich der ideale Anlass, um sich mit dem jeweils jubilierten Thema (neu) auseinanderzusetzen, was meist in Form neuer Bücher, Tagungen, Ausstellungen u. dgl. geschieht. Dagegen ist auch nichts einzuwenden, mögen durch einen sich ändernden Blickwinkel dadurch auch immer wieder neue Erkenntnisse zu Tage gefördert und/oder die Thematik wieder stärker ins Bewusstsein der Menschen gerückt werden.

Eine Frage, die sich, meines Erachtens, jedoch IMMER an eine solche erneute Aufarbeitung anschließen muss, ist: Was hat sich seither geändert? Wie ist der heutige Stand der Dinge?

Dadurch wird ein Bezug zur Gegenwart hergestellt, der diesen Jubiläen (die sonst in erster Linie eher kommerziell, politisch instrumentalisierend oder bloß unterhaltungstechnisch interessant sein mögen) erst eine gewisse Bedeutung verleihen kann und möglicherweise vor einem Wiederkäuen des ewig Gleichen zu bewahren vermag.

Und genau dadurch bestünde, nach meiner Meinung, zumindest die Chance, dass der Mensch tatsächlich aus der Geschichte etwas für sein gegenwärtiges und künftiges Handeln lernt.

Freitag, 6. Juni 2014

Salve!

In Zeiten finanzieller Sparmaßnahmen im universitären Bereich müssen sich insbesondere die Geisteswissenschaften immer öfter die Frage gefallen lassen, wozu man sie eigentlich braucht.

Sie verfügen zwar über einen gewissen Unterhaltungswert. Die Geschichte wurde und wird politisch instrumentalisiert, um Identitäten zu stiften, Herrschaftsansprüche zu legitimieren, eine Zielgerichtetheit zu postulieren, die es nie gegeben hat usw.
Aber keine der Geisteswissenschaften bringt Erfindungen hervor, die dem Menschen das Leben erleichtern oder gar Krankheiten heilen können. Wozu also?

Die Antwort ist nach wie vor in dem nach Wilhelm Dilthey die Geistewissenschaften kennzeichnenden „Verstehen“ zu finden.
Auch wenn diese Dichotomie vom Erklären der Natur- und Verstehen der Geisteswissenschaften längst nicht mehr aufrecht zu erhalten ist, liegt die wesentliche Aufgabe der Geisteswissenschaften darin, ein Verständnis der Welt anzustreben.
Und dieses Streben nach Verstehen ist keineswegs Selbstzweck, sondern stellt die Ausgangslage dar für Reflexionen über das eigene Sein, über aktuelle Probleme insbesondere im Zusammenleben mit anderen Menschen (verschiedener Kulturkreise).

In der Rekonstruktion der vergangenen Welt, welche zwar nie lückenlos abzuschließen ist, weil immer wieder neue Fragen an die Objekte und Ereignisse der Vergangenheit gestellt werden, steckt ein wertvolles Potential, wichtige Erkenntnisse für gegenwärtige Diskurse und künftige gesellschaftliche Gestaltungsmöglichkeiten zu erbringen.

Ob sich daraus auch die Erstellung eines weiteren Geschichtsblogs legitimiert, mag jeder für sich selbst entscheiden... ;)


Literatur:

Florian Keisinger, Steffen Seischab (Hg.), Wozu Geisteswissenschaften? Kontroverse Argumente für eine überfällige Debatte (Frankfurt a. M./New York 2003)

Wilhelm Dilthey, Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften (Frankfurt a. M. 1970)