Freitag, 6. Juni 2014

Salve!

In Zeiten finanzieller Sparmaßnahmen im universitären Bereich müssen sich insbesondere die Geisteswissenschaften immer öfter die Frage gefallen lassen, wozu man sie eigentlich braucht.

Sie verfügen zwar über einen gewissen Unterhaltungswert. Die Geschichte wurde und wird politisch instrumentalisiert, um Identitäten zu stiften, Herrschaftsansprüche zu legitimieren, eine Zielgerichtetheit zu postulieren, die es nie gegeben hat usw.
Aber keine der Geisteswissenschaften bringt Erfindungen hervor, die dem Menschen das Leben erleichtern oder gar Krankheiten heilen können. Wozu also?

Die Antwort ist nach wie vor in dem nach Wilhelm Dilthey die Geistewissenschaften kennzeichnenden „Verstehen“ zu finden.
Auch wenn diese Dichotomie vom Erklären der Natur- und Verstehen der Geisteswissenschaften längst nicht mehr aufrecht zu erhalten ist, liegt die wesentliche Aufgabe der Geisteswissenschaften darin, ein Verständnis der Welt anzustreben.
Und dieses Streben nach Verstehen ist keineswegs Selbstzweck, sondern stellt die Ausgangslage dar für Reflexionen über das eigene Sein, über aktuelle Probleme insbesondere im Zusammenleben mit anderen Menschen (verschiedener Kulturkreise).

In der Rekonstruktion der vergangenen Welt, welche zwar nie lückenlos abzuschließen ist, weil immer wieder neue Fragen an die Objekte und Ereignisse der Vergangenheit gestellt werden, steckt ein wertvolles Potential, wichtige Erkenntnisse für gegenwärtige Diskurse und künftige gesellschaftliche Gestaltungsmöglichkeiten zu erbringen.

Ob sich daraus auch die Erstellung eines weiteren Geschichtsblogs legitimiert, mag jeder für sich selbst entscheiden... ;)


Literatur:

Florian Keisinger, Steffen Seischab (Hg.), Wozu Geisteswissenschaften? Kontroverse Argumente für eine überfällige Debatte (Frankfurt a. M./New York 2003)

Wilhelm Dilthey, Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften (Frankfurt a. M. 1970) 

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