Dienstag, 17. Februar 2015

Wagenburg: Mobilität der Monarchie

Die Kaiserliche Wagenburg Wien, zu finden beim Schloss Schönbrunn, bietet einen eindrucksvollen Einblick in die Kutschen der Habsburgermonarchie.

Gezeigt werden Wägen unterschiedlicher Ausstattung und Größe. Man sieht beispielsweise eher einfach gehaltene Leib-Coupés, die im Alltag verwendet wurden.

Leib-Coupé aus dem Jahr 1887, gebaut von Carl Marius
Im Kontrast dazu stehen die sehr aufwendig gestalteten Prunkgefährte wie etwa der "Trauer-Huldigungswagen", welcher ursprünglich vergoldet, später schwarz übermalt wurde. Sowie der Imperialwagen, der ausschließlich von Kaiser und Kaiserin bei wichtigen Zeremonien verwendet wurde. Die letzte Ausfahrt mit dem "Thron auf Rädern" fand 1916 statt, als Kaiserin Zita mit Sohn Otto für die Krönung Kaiser Karls zum König von Ungarn zur Kirche fuhr.

Imperialwagen
Sehr charmant sind die gezeigten "Kinderwägen" des kaiserlichen Nachwuchses, bei welchen es sich um ebenso kunstvoll und aufwendig gestaltete kleinere Kutschen handelt. Abbildungen zeigen, dass anstelle von Pferden hier Esel oder Ziegen als Zugtiere zum Einsatz kamen.

Eines der imposantesten Exemplare des Hauses ist wohl der schwarze Leichenwagen, der, passend zum dafür vorgesehenen Anlass, sehr wuchtig und erdrückend wirkt. Seine letzte Verwendung fand er bei der Bestattung von Kaiserin Zita im Jahr 1989.

Leichenwagen
Momentan gibt es in der Wagenburg auch eine Sonderausstellung zum Wiener Kongress 1814/15 zu sehen - "Der Kongress fährt". Eine informative nicht überladene Schau, die Einblicke in die logistische Bewältigung dieses Großereignisses bietet und als ein konkretes Beispiel die große Schlittenfahrt vom 22. Jänner 1815 ausführlicher beleuchtet.

Schlitten des Fürsten Windisch-Graetz
Neben dem Wagensortiment beherbergt die Wagenburg auch "Zubehör" wie Reit- und Zuggeschirr, sowie Kleidungsstücke des Hofes (Livreen, persönliche Stücke von Kaiser und Kaiserin, Uniformen etc.).

Überblick von oben
Die für den Schauraum getroffene Auswahl ist, meines Erachtens, sehr passend, weil Wert darauf gelegt wurde, einzelne Einblicke zu gewähren, eindrucksvolle Exponate herauszugreifen, anstatt die Priorität auf die Quantität zu verlagern und den Raum damit zu überfrachten.
Leichter Verbesserungsbedarf besteht bei manchen Beschriftungen. Diese sind recht nahe am Objekt und somit hinter der jeweiligen Absperrung aufgestellt, so dass man sich während des Aufenthalts bald an ein regelmäßiges Aufheulen des Alarms da und dort gewöhnt bzw. auch selbst beim Lesen ein solches verursacht.

Wenn die Temperatur des Schauraumes auch im Sommer ein ähnliches Niveau wie jetzt hält, dann sei diese Ausstellung als idealer Aufenthaltsort für eine sommerliche Hitzewelle empfohlen. Die Objekte werden in der Tat gut gekühlt und bleiben uns somit hoffentlich noch lange erhalten.

Link:
Kaiserliche Wagenburg Wien

Dienstag, 10. Februar 2015

#PlayingHistory: Spielerische Mythologie - Apotheon

Computerspiele mit dem ausdrücklichen Ziel, Wissen zu vermitteln, kennt man - tituliert als "Lernspiele", bilden sie eine Kategorie für sich und sind überwiegend auf Kinder zugeschnitten.

Es gibt jedoch auch Spiele, die zwar mit Priorität auf den Unterhaltungswert entwickelt werden, aber dennoch lehrreich sind. Da mich gerade ein besonders stimmiges Exemplar dieser Sorte fasziniert, möchte ich ein paar Worte darüber verlieren.

Es handelt sich um das Spiel "Apotheon" - ein Jump'n Run bzw. Platformer, das einem spielerisch durchaus einiges abverlangt, aber einen fabelhaften Ausflug in die Welt der griechischen Mythologie bietet.

Optisch hat man etwa den Eindruck, über die bekannte François-Vase zu spazieren:

François-Vase. Foto: Wikipedia/Sailko/CC BY-SA 3.0
Apotheon-Screenshot
Inhaltlich war man ebenso bemüht, sich an den vorhandenen Quellen zu orientieren. So wurden als Informationen zu den jeweiligen Göttern im Spiel beispielsweise Auszüge aus Homer oder Hesiod integriert.

Apotheon-Screenshot
Spielerisch steuert man den Helden Nikandreos, der großteils metzelnd den Olymp erkundet, in den Hades hinabsteigt etc. um diverse Aufgaben zu bewältigen.

Apotheon-Screenshot
Insgesamt wird hier ein sehr authentisches und liebevoll gestaltetes Bild der griechischen Mythologie entworfen, welches sowohl unterhaltsam als auch sehr informativ und lehrreich ist.

Und warum berichtet man über so etwas in einem vorzugsweise eher wissenschaftlich ausgerichteten Blog?

Meines Erachtens, wird hier ein sehr gelungenes Beispiel aufgezeigt, wie die Verwendung neuer Technologien zur Wissensvermittlung im kulturellen Bereich verwendet werden kann, ohne gleich offiziell mit dem Stempel "Lernspiel" versehen zu werden. Es geht hier in erster Linie sicherlich um Unterhaltung, dennoch fällt dieser nicht der inhaltliche Gehalt zum Opfer.

So läge beispielsweise für Museen viel Potential darin, mögliche virtuelle Rundgänge durch ihr Haus oder auch die digitale Aufbereitung von spezifischen Ausstellungen spielerisch zu gestalten.
Auf diese Weise wäre zum einen die Kernkompetenz von Museen - die Wissensvermittlung - unterstützt bzw. würde bereits vor dem eigentlichen Besuch eine thematische Auseinandersetzung ermöglicht. Zum anderen darf auch die Werbewirkung auf den Menschen als "Homo ludens" nicht unterschätzt werden.
Ich denke, Museen müssen nicht fürchten, dass die Bereitstellung ihrer Inhalte im Netz den Museumsbesuch ersetzt, sondern dies dient viel eher als Anreiz, sich Gezeigtes und Gespieltes endlich auch einmal im Original anzusehen.

Persönlich finde ich solche spielerischen Applikationen im Vorfeld sogar reizvoller als interaktive Elemente vor Ort, welche bei großem Besucherandrang möglicherweise auch gar nicht immer zugänglich sind.
Wobei festzuhalten ist, dass diese und weitere Komponenten sich keineswegs gegenseitig ausschließen müssen. Letztlich entscheidend ist diesbezüglich wohl (leider) immer die Ressourcenfrage.

Nachtrag vom 11.02.2015:
Auch im Standard ist nun eine Rezension über das Spiel erschienen: HIER