Dienstag, 6. September 2016

#PlayingHistory - Spielerische Geschichte: Diskrepanzen

Spiele, die in erster Linie einem Unterhaltungsanspruch dienen wollen und marktwirtschaftlichen Überlegungen folgen müssen, um sich zu verkaufen, stellen keine wissenschaftlichen Ansprüche an die Geschichtsdarstellung.
„Computerspiele mit historischen Themen gehören nicht zur akademischen, sondern zur populären Historiographie.“1
Spiele liefern mögliche Geschichtsentwürfe, wie sie im Grunde auch von HistorikerInnen nur mit anderen Methoden entworfen werden.2
Daraus jedoch abzuleiten, dass es deshalb verfehlt ist, die Geschichtsdarstellung in Spielen überhaupt einer näheren Betrachtung zu unterziehen, scheint mir nicht gerechtfertigt.

Die Sinnhaftigkeit solcher Untersuchungen besteht zum einen darin abzuklären, welches Potential zur Wissensvermittlung überhaupt vorhanden ist und wie dieses sinnvoll genutzt werden kann, zum anderen macht es Sinn, sich anzusehen, wie verdreht geschichtliche Inhalte dargestellt werden und zwar nicht als simple Verurteilung des Spiels, sondern lediglich im Sinne einer einfachen Aufklärungsarbeit, die aufzeigt, was Wissen und was Fiktion ist.
Denn Spiele als Unterhaltungsmedium müssen sich für diese nie beabsichtigte Vermittlung ihrer Inhalte (unabhängig davon ob richtig oder falsch) nicht rechtfertigen. Aber als HistorikerIn besteht Interesse an einer Untersuchung der jeweiligen Geschichtsdarstellung, durchaus auch mit der Frage im Hintergrund, ob der Unterhaltungswert eines Spiels leiden würde, wäre man nicht von den bekannten Fakten abgewichen.

Dies zu untersuchen, wird insbesondere dann wichtig, wenn nicht geschichtliche Inhalte, sondern moralische Wertvorstellungen betroffen sind. Spiele die unterhalten und nicht belehren wollen, dürfen wissenschaftliche Inhalte zum Wohle der Handlung verdrehen und gänzlich unkritisch als Tatsachen hinstellen. Sobald jedoch moralische Werte betroffen sind, scheint die Begründung der Spiele als reines Unterhaltungsmedium nicht mehr zu greifen und eine gewisse Form der Entmündigung der SpielerInnen gerechtfertigt zu sein.

Als Beispiel sei das Spiel "Lucius"3 genannt, welches die SpielerInnen ein vom Teufel besessenes Kind steuern lässt, um diverse grausame Morde zu begehen und immerhin in Deutschland auf den Index gesetzt wurde. Man mag das Spiel aber durchaus auch als Experiment sehen können, um Selbstreflexion zu betreiben. Wie fühlt man sich als SpielerIn, wenn man Böses tun muss? etc. Das bewusste böse Handeln wurde hier immerhin durch den Kontext der Besessenheit entschärft, hat aber wohl nicht ausgereicht, um eine Indizierung abzuwenden.

Um zu Spielen mit historischem Hintergrund zurückzukehren, sei nun das Spiel "Nicholas Eymerich - Inquisitor"4 erwähnt.
Der Dominikaner und Generalinquisitor Nicolas Eymerich (Eymericus, gestorben 1399),5 verfasste mit seinem Directorium Inquisitorum erstmals ein systematisches Regelwerk für Inquisitoren.6
Durch sein strenges Vorgehen gegen Häretiker, für welches ihm auch Folter ein legitimes Mittel war, kann ihm keine positive Rolle in der Geschichte zugeschrieben werden. So wird er auch ihm Spiel entsprechend negativ und unsympathisch dargestellt, ist aber dennoch die zu steuernde Hauptfigur.

der charmante Inquisitor (Screenshot)
Er, der als Generalinquisitor im Namen Gottes bewusst grausame Morde begeht, ist interessanterweise kein Grund für eine Indizierung.

Auch das Spiel selbst macht Eymerich, wenn auch unsympathisch, zu einem rechtschaffen Handelnden, indem es die "Verbrechen" der Ketzerei und vermeintlich dämonischen Ursachen der Pest zur Realität erklärt.

Für unkritisch Spielende verschwimmen hier die Grenzen zwischen Gut und Böse, Richtig und Falsch im Grunde viel stärker, als es beispielsweise bei einem "Lucius" der Fall ist.

Schwierig ist dies vor allem, weil sich das Spiel eigentlich bemüht, viel historisches Wissen zu verarbeiten. Nicht ganz ohne Charme ist etwa auch die Möglichkeit, das Spiel mit lateinischen Untertiteln zu spielen.

Die Handlung selbst eine fiktive, ereignet sich im Jahr 1364. Eymerich wird nach Carcassonne geholt, um einem mysteriösen Verschwinden eines Ordensbruders in einer nahen Ortschaft namens Calcares auf den Grund zu gehen.
Im Gespräch mit Pater Vinet7 werden bereits einige historisch valide Punkte zu Eymerich erwähnt. Seine Herbeirufung aus Avignon stimmt mit dem Wissensstand überein, dass Eymerich um diese Zeit kein Generalinquisitor von Aragon mehr war und sich schon lange Zeit in Avignon aufhielt.
Papst Urban V. (1310-1370), der seit 1362 in Avignon residierte, wird als Empfehlung für Eymerich ins Spiel gebracht und habe Vinet bereits ein erstes Kapitel des Directorium Inquisitorium übermittelt, was zumindest der Chronologie entspricht, denn das Gesamtwerk dürfte frühestens 1376 erschienen sein.8
 
Optisch wurde zum einen die typische schwarz-weiße Ordenstracht der Dominikaner im Spiel umgesetzt. Im Hof sieht man im Hintergrund die bekannten Türme der noch erhaltenen Stadtmauer von Carcassonne angedeutet.

die Stadtmauer von Carcassonne im Hintergrund (Screenshot)
Das Spiel versucht auch einen kleinen Streifzug durch die Geschichte der Häresie zu liefern, indem etwa der Bibliothekar als Katharer entlarvt und der Wächter als Anhänger der Tempelritter (mittels eines Medaillons mit Abbild des berüchtigten Baphomet) überführt wird.
Wissenschaftlich betrachtet, wirkt das alles etwas schwer verdaulich, weil die "Ketzerei" Faktum ist und Eymerich entsprechend "Gerechtigkeit" walten lässt.

Um diese Linie beizubehalten wird als Erklärung für die Pest in Calcares auch eine übernatürliche Ursache gefunden - belegt in den Homerischen Hymnen9 - und zwar im zweiten Gedicht, welches von Demeter handelt.

Eymerichs schlaues Buch bringt ihn auf Demeter (Screenshot)
Andererseits mag man natürlich zugestehen, dass eben für Inquisitoren Ketzerei tatsächlich ein wahres Verbrechen dargestellt hat, und somit bestraft werden musste, um den "wahren Glauben" zu erhalten. Wobei das Spiel eigentlich keinen Zweifel daran lässt, dass Eymerich zwar überzeugt ist, richtig zu handeln, aber ein im Grunde böser (aus heutiger Sicht falsch) handelnder Charakter ist. Diesen überdeutlichen Fingerzeig müsste man, meines Erachtens, unterlassen, wenn man das Experiment, einen Inquisitor zu spielen, stringent durchziehen will.

Interessante Ansatzpunkte liefert das Spiel durchaus. Es mag grundsätzlich als Motivation dienen, sich eigenständig näher mit der Geschichte der Häresie zu befassen, Werke wie Directorium Inquisitorum, Picatrix oder die Homerischen Hymnen durchzustöbern.
Die Schwierigkeit, um wirklich eigenständig gerne und freiwillig tiefer in die Materie einzutauchen, besteht hier vor allem darin, dass das Spiel im Grunde bereits am Anspruch scheitert, unterhaltend zu sein, weil insbesondere technische Hakeleien die Steuerung und damit das spielerische Vergnügen stark in Mitleidenschaft ziehen.
Sich als SpielerIn mit einem Charakter wie Eymerich identifizieren zu müssen, ist ebenfalls eine wenig vergnügliche Erfahrung, mag aber im Sinne eines Experiments durchaus vertretbar sein.

Inhaltlich scheitert das Spiel an einer fehlenden klaren Linie, worauf es hinaus will. Es wirkt konfus, weshalb auch die historische Analyse schwierig wird. Da bereits der Spielspaß ausbleibt, wird somit auch die wissensvermittelnde Komponente leider vernachlässigbar.10


1 Carl Heinze, Mittelalter Computer Spiele. Zur Darstellung und Modellierung von Geschichte im populären Computerspiel (Bielefeld 2012) 16f. 
2 Heinze, S. 17 
3 https://de.wikipedia.org/wiki/Lucius_(Computerspiel)  
4 http://www.eymerich.it/ 
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die erste Episode „The Plague“.  
5 Gerd Schwerthoff, Die Inquisition. Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit (München 2004) 35. 
6 Schwerthoff, S. 49  
7 Ob hier die reale Person des Jean Vinet, Inquisitor von Carcassonne und Verfasser des Tractatus contra daemonum invocatores als Vorbild genommen wurde, ist zu vermuten, geht aber aus dem Spiel irgendwie nicht klar hervor.  
8 Brian P. Levack, Hexenjagd. Die Geschichte der Hexenverfolgungen in Europa (München2 1999) 211. 
9 Homerische Hymnen. Hg. v. Albert Gemoll (Leipzig 1886) https://archive.org/stream/diehomerischenhy00homeuoft#page/42/mode/2up (06.09.2016) 
10 Das Spiel basiert auf einer Romanreihe von Valerio Evangelisti. Ob diese durchdachter wirkt als das Spiel, muss ich unbeantwortet lassen.

Sonntag, 3. Juli 2016

Mayerling

Mayerling, das ehemalige Jagdschloss Kronprinz Rudolfs, Schauplatz des Doppelselbstmordes des Kronprinzen und seiner Geliebten Mary Vetsera im Jänner 1889, wurde in den letzten Jahren renoviert und kann mittlerweile wieder besucht werden.


Der Eingang des Anwesens führt durch ein separates Gebäude, welches neben dem obligatorischen Shop auch bereits erste Informationstafeln enthält. Danach führt der erste Weg zum Teepavillon, dessen Deckenfresko neu renoviert wurde.


Kaiser Franz Joseph ließ das Jagdschloss nach der Tragödie in ein Karmeliterinnenkloster umbauen. So wurde genau an der Stelle des Sterbezimmers eine Kirche im neugotischen Stil errichtet.


Links davon erreicht man eine kleine Barockkapelle, an deren Stelle sich früher das Zimmer des Kammerdieners Loschek befand und fortan dem Kaiser als Gebetsort dienen sollte.


Rechts gelangt man von der Kirche in die Ausstellungsräume, die neben eines Modells des Jagdschlosses von 1889, diverse Schriftstücke (meist Faksimiles) und Objekte zeigen, die den Verlauf des Ereignisses dokumentieren und aufbereiten.


Zu sehen ist auch der beschädigte Kupfersarg von Mary Vetsera, welcher 1945 von Grabräubern aufgebrochen wurde und ersetzt werden musste.


Insgesamt bietet Mayerling eine kleine übersichtliche Schau, die gut in den historischen Schauplatz integriert wurde. Für die Ausstellung benötigt man ca. eine Stunde, wobei die schöne Lage und Gestaltung des Anwesens durchaus zu längerem Verweilen einlädt.

Link:
http://www.karmel-mayerling.org/

Montag, 23. Mai 2016

#PlayingHistory - Locations

Hier klicken für die deutsche Version

At the end of the general introduction the question arose if the benefit justifies the effort of developing entertaining games with a subtle educational effect when there is a chance that people play the games just for fun without any motivation to recognise the information and facts given in the game or proceed on their own with some research about the game's topic.

In this regard, additionally to the aquisition of knowledge, it is possible to state a second purpose, which is the potential touristic aspect and benefit of games. So, even when not reaching the audience on the intended educational level the efforts of game development may still be justified for a region or cultural institution by attracting mere tourists and visitors.

Therefore this article deals with some thoughts on using true locations in games.

As one example that videogame tourism can be successful I would like to point to people who visited all real settings of the game "Gabriel Knight 2: The Beast Within."1

In this regard the "Hunt of zombies at castle Hohenwerfen" may also attract players of "Call of Duty: Black Ops III" as visitors.2

It is not really required to use a realistic or historic scenario for using real locations although this may lead to the touristic aspect as leading factor of the game and the imparting of knowledge fades into the background resp. becomes a side effect, when people are attracted to just visit a place they know from the game and subsequently learn about something completely different from the game's topic.

It is important that games mention the real locations they use and reconstruct, at least in the closing credits. Otherwise it is not possible to reach people who do not already know the used setting.

For example, the art museum of the fictional city Lost Heaven in the game "Mafia"3 bases on the art historical museum of Vienna (Kunsthistorisches Museum Wien).
(The pictures always show a game screenshot on the left and a photo of the real place on the right.)
 
Exterior view of the front
Art gallery
Gallery
As this is not mentioned in the game there is no potential touristic effect.

Ideally a game includes both the subtle educational and the touristic component. This means, the game uses real facts for its storytelling that can be checked and extended when visiting the true locations.

The before mentioned "Gabriel Knight 2" can be indicated as an ideal example for such games. The game deals with the history of the Bavarian king Ludwig II., it uses historical facts (e.g offers some information in form of a short guided tour at castle Neuschwanstein) and makes some fictional twists to create an interesting story.

Many real locations were used in the game which makes it to an excellent motivation and advertisment for holidays in Bavaria.

So you visit Munich in the game:

Town hall and statue of the Virgin Mary
Or Rothenburg ob der Tauber (which is named "Rittersberg" in the game):

Rothenburg o.d. Tauber
You see castle Rabenstein (which is called "Schloss Ritter" in the game):

Burg Rabenstein
You visit the Shrine of Our Lady of Altötting:

Altötting
And there are many more places to find in the game.

The given example distinctly shows that predominantly famous locations were used for the game (so the locations seem to be more an advertisment for the game than the game for the locations). However, in my opinion it seems quite possible to create such games also for less known regions, institutions etc. as a strategy for attracting visitors, ideally combined with including facts and information about the region/institution, of course.

Accepting the educational influence of computer games (without being an "educational game") when using true locations or correct historical facts (or the combination of both) leads to some questions about legitimacy of twisting facts for entertainment.
How great is the danger of creating and imparting wrong knowledge when the twists are too extensive? May it be necessary to rethink the strict legal laws of (not) using some symbols for computer games?
Does it make sense to think about a minimum request for authenticity?


2 Zombiejagd auf Burg Hohenwerfen mit „Call of Duty: Black Ops III“: http://www.burgerbe.de/2016/02/07/zombies-auf-burg-hohenwerfen-call-of-duty-black-ops-iii-eisendrache-32836/

Mittwoch, 18. Mai 2016

#PlayingHistory - Spielerische Geschichte: Orte

Click here for English version

Im Rahmen der allgemeinen Einleitung zum Thema trat die Frage auf, ob sich die spielerische Form als Wissensvermittlung für entsprechende Einrichtungen als rentabel erweist, da bei Spielen, wenn sie in erster Linie ein Unterhaltungsmedium sein sollen und wollen, stets die Möglichkeit besteht, dass das Potential der Wissensvermittlung ungenutzt bleibt, weil eben nicht alle Menschen durch das Spielen dazu motiviert werden, sich mit dem entsprechenden Thema in der Folge näher auseinanderzusetzen.

Ein Aspekt, der zusätzlich zur Wissensvermittlung als Nutzen in Frage kommen kann, ist der touristische, d.h. wenn Spiele vielleicht nicht den gewünschten Vermittlungserfolg in Sachen Wissen erzielen, dann können sie möglicherweise schlicht als Werbeträger für bestimmte Einrichtungen, Regionen etc. gesehen werden und somit anderweitig ihren Entwicklungsaufwand rechtfertigen.

Aus diesem Grund folgen nun ein paar Worte zu Verwendung von realen Orten in Spielen.

Dass Videospieltourismus durchaus funktionieren kann, zeigt sich beispielsweise an Personen, die alle realen Orte besucht haben, die im Spiel „Gabriel Knight 2: The Beast Within“ vorkommen.1

So mag also möglicherweise auch die "Zombiejagd auf Burg Hohenwerfen"2 künftig Call-of-Duty-Spieler zu einem Besuch der Burg Hohenwerfen inspirieren.

Ein realistisches bzw. historisches Szenario ist grundsätzlich keine Voraussetzung für die Verwendung realer Schauplätze, wobei dann aber vermutlich der touristische Aspekt zum ausschlaggebenden Faktor wird und die wissensvermittelnde Komponente bereits vorab nur eine eher geringe Rolle spielt (diesbezüglich ergibt sich der Wissenserwerb dann bestenfalls als Folgeeffekt, indem der reale Ort besucht und eigenständig Wissen, welches nicht bereits vorher im jeweiligen Spiel thematisiert wurde, erworben wird).

Wichtig ist auf alle Fälle, dass im Spiel, notfalls einfach nur im Abspann, auch darauf hingewiesen wird, dass reale Schauplätze rekonstruiert wurden, damit auch Personen erreicht werden, die besagten Ort nicht ohnehin schon vorher kannten.

Beispielsweise wurde im Spiel „Mafia“3 dem Kunstmuseum der fiktiven Stadt Lost Heaven das Aussehen des Kunsthistorischen Museums Wien verliehen (es ist jeweils ein Screenshot aus dem Spiel links einem echten Foto rechts gegenüber gestellt).
 
Außenansicht
Gemäldegalerie
Balkone
Diese Anleihe wird aber im Spiel nicht erwähnt, so dass ein möglicher touristischer Werbeeffekt ungenutzt bleibt.

Idealerweise fallen im Spiel die wissensvermittelnde und die touristische Komponente zusammen, d.h. es werden bereits im Spiel Fakten integriert, welche die Spieler beim Besuch der realen Orte überprüfen bzw. erweitern können.

Das schon erwähnte Spiel „Gabriel Knight 2“ scheint hierfür ein ideales Beispiel zu sein. Das Spiel beschäftigt sich mit der Geschichte des Bayernkönigs Ludwig II. und liefert im Spiel selbst bereits historisch korrekte Informationen (z.B. auch im Rahmen einer kleinen Führung durch Schloss Neuschwanstein), die dann fiktiv erweitert werden, um eine spannende Geschichte zu erzählen.

Die Verwendung vieler realer Schauplätze macht das Spiel im Grunde zu einer hervorragenden Werbung für einen Bayernurlaub.

So findet man sich im Spiel etwa in München wieder:

Münchner Rathaus mit Marienstatue
In Rothenburg ob der Tauber (welches im Spiel zu Rittersberg umbenannt wird):

Rothenburg o.d. Tauber
Auf der Burg Rabenstein (die im Spiel Schloss Ritter heißt):

Burg Rabenstein
Oder besucht die Gnadenkapelle in Altötting:

Altötting
Und damit seien nur einige reale Orte genannt, die im Spiel benutzt wurden.

Was sich am genannten Beispiel deutlich zeigt, ist die Konzentration auf bereits sehr bekannte Schauplätze, die touristisch meist ohnehin schon stark frequentiert sind (d.h. hier sind die Orte eher Werbung für das Spiel als das Spiel für die Schauplätze). Diesbezüglich scheint es mir jedoch durchaus möglich, auch für weniger bekannte Regionen oder Kulturstätten einen solchen touristischen Nutzen zu erzielen, idealerweise natürlich, wie schon erwähnt, gekoppelt an die gleichzeitige möglichst subtile Vermittlung von Wissen zu den entsprechenden Örtlichkeiten und deren Geschichte.

Akzeptiert man diesen lehrreichen Einfluss von Spielen (ohne das Etikett "Lernspiel"), die entweder reale Orte oder historische Ereignisse (oder beides zusammen) verwenden, ist, meines Erachtens, ebenso die Frage berechtigt, ob eine extreme Verfremdung in Spielen auch hinderlich sein kann. Wird also durch Verdrehung der Fakten/Realität für die Handlung möglicherweise falsches Wissen vermittelt? Wie gerechtfertigt ist aus dieser Sicht die im Computerspielebereich nach wie vor sehr strikt geregelte Verwendung bzw. das Verbot bestimmter Symbole?
Macht es Sinn, über ein Mindestmaß an Authentizität nachzudenken?


2 Zombiejagd auf Burg Hohenwerfen mit „Call of Duty: Black Ops III“: http://www.burgerbe.de/2016/02/07/zombies-auf-burg-hohenwerfen-call-of-duty-black-ops-iii-eisendrache-32836/



Samstag, 14. Mai 2016

Schönbrunn: Obeliskenbrunnen im Park

Einer der beeindruckendsten Brunnen im Park von Schönbrunn ist der Obeliskenbrunnen am Ende der diagonalen Allee im Osten.

Obeliskenbrunnen
Erbaut im Jahr 1777 von Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg nach Entwürfen von Wilhelm Beyer, wurde der Brunnen als Grottenberg mit zwei Grotten gestaltet, weshalb er ursprünglich auch als "Sybillengrotte" bezeichnet wurde. Über der oberen Grotte befindet sich ein Wasserspeier in Form eines larvenhaften Gesichtes.

Detailansicht mit Larve
Die eigentlich interessante Komponente des Brunnens ist aber zweifelsohne der Obelisk, als Zeichen für Stabilität von vier Schildkröten getragen.

Schildkröten als Zeichen für Stabilität
Die Entzifferung der Hieroglyphen gelang erst 1822 durch Jean-François Champollion anhand des Steins von Rosetta.
So handelt es sich also bei den am Obelisken abgebildeten Hieroglyphen um künstlerische Schöpfungen, wobei man sich durchaus an ägyptischen Vorbildern orientiert hat. Diese sollen sehr wahrscheinlich die Geschichte der Habsburger wiedergeben.

Maßgeblicher Förderer von Tiergarten- und Parkanlagenbau von Schönbrunn war Franz Stephan von Lothringen, Ehemann Maria Theresias, der als Mitglied bei den Freimaurern Spekulationen über die Symbolik der gesamten Anlage sehr reizvoll macht.
Maria Theresia hatte selbst auch wenig Interesse daran, die Bauarbeiten nach dem Tod von Franz Stephan 1765 fortzusetzen und überließ dies ihrem Staatskanzler Kaunitz, der ebenfalls Mitglied einer Freimaurerloge war.

Inwieweit die Geometrie des Parks mit der Absicht angelegt wurde, um etwa im Gewölbe unterhalb des im Tiergarten befindlichen Kaiserpavillons alchimistische Experimente durchzuführen, ist aus heutiger Sicht kaum nachzuweisen.

Die ägyptische Symbolik, auch in der Freimaurerei beliebt, passt auf alle Fälle zur Mode der Zeit.
Zumindest bei den am Obelisken angebrachten Hieroglyphen scheint es sich aber eher um eine frei erfundene künstlerische Wiedergabe der Geschichte der Habsburger zu handeln als um geheimwissenschaftliche Symbolik.


empfehlenswerte Literatur:
Julia Budka, Der Schönbrunner Obelisk. Symbolik und inhaltliches Programm des Hieroglypendekors. In: Beiträge zur Ägyptologie Bd. 21 (Wien 2005) Link

Link mit alten Bildern des Parks aus:
Norbert Bittner (1786-1851), Des Ruines de Schönbrun des[siné], gravés et dedié à Mr. de Pleban, Profeseur par N. Bittner, Archit. (Vienna, ca.1815)
https://graphicarts.princeton.edu/2014/09/18/schonbrunn-gardens-in-vienna/

allgemeiner Link:
http://www.schoenbrunn.at/wissenswertes/der-schlosspark/rundgang-durch-den-park/obeliskbrunnen.html